Hilfe für ein gefährdetes Denkmal

Erste Untersuchungen am Grabmal Ottos des Großen im Magdeburger Dom

Otto I. ist als erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches eine zentrale Figur der europäischen Geschichte. Sein Grabmal im Magdeburger Dom ist daher auch über die Landesgrenzen Sachsen-Anhalts hinaus ein Denkmal von erheblichem kulturhistorischen Wert. Seiner Pflege und Erhaltung kommt aus Sicht der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt als Eigentümerin des Magdeburger Domes, der Evangelischen Domgemeinde als Nutzerin des Gotteshauses sowie des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) Sachsen-Anhalt als zuständiger Denkmalfachbehörde oberste Priorität zu.

Im Rahmen des turnusmäßigen gemeinsamen Monitorings der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und des LDA Sachsen-Anhalt wurden am Grabmal Ottos des Großen Schäden beobachtet, die vermutlich vor allem auf Stabilisierungsmaßnahmen zurückgehen, die im Zuge der letzten Öffnung des Grabmals im Jahr 1844 vorgenommen wurden. Darüber hinaus bestehen offene Fragen hinsichtlich des Zustandes des Sarkophags sowie der darin befindlichen Bestattung. Insbesondere auch vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren zunehmenden klimatischen Schwankungen im Dominnenraum, die sich unmittelbar auf den Sarkophag und seinen Inhalt auswirken, sahen sich Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und LDA Sachsen-Anhalt gezwungen, Maßnahmen zur Konservierung des nicht nur landeshistorisch höchst bedeutenden Denkmals in die Wege zu leiten.

Sämtliche Maßnahmen sollen vor Ort im Magdeburger Dom durchgeführt werden. Hierfür wird das Grabmal Ottos des Großen seit der ersten Januarwoche 2025 von einer geschlossenen, circa 5,8 x 9,3 Meter messenden und etwa 3,7 Meter hohen Einhausung aus Holzwerkstoffplatten umgeben. Dies ermöglicht eine Durchführung sämtlicher Arbeiten am Grabmal unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen.

Erste Schritte: Dokumentation und nichtinvasive Untersuchungen

Im Verlauf des gesamten Projekts soll der Deckel des Sarkophags angehoben werden. Nur so können Schadensursachen behoben, der Zustand des Holzsargs im Inneren des Steinkastens überprüft sowie darauf angepasste Stabilisierungs- und Sicherungsmaßnahmen für die Grablege konzipiert und durchgeführt werden. Bevor der Deckel angehoben werden kann, sind zunächst verschiedene nichtinvasive, zerstörungsfreie Untersuchungen notwendig, die derzeit durchgeführt werden.

In einem ersten Schritt erfolgte die detaillierte zeichnerische und fotografische Dokumentation des Grabmals und der äußerlich sichtbaren Schäden. Daneben dienen auch mit Hilfe eines Laserscanners erstellte hochauflösende 3D-Modelle als Grundlage für die späteren Maßnahmen.

Darüber hinaus steht derzeit die Untersuchung der Standsicherheit und Stabilität sowohl des Sarkophags als auch seines unmittelbaren Umfeldes im Mittelpunkt der Untersuchungen, bei denen verschiedene nichtinvasive, zerstörungsfreie Messmethoden zur Anwendung kommen. Zur Überprüfung der Stabilität des Sarkophags sowie der antiken Marmorplatte, mit der er verschlossen ist, führten das Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen-Anhalt (IDK) sowie die Magdeburger DeltaSigma Analytics GmbH Riss- und Werkstoffprüfungen durch. Die Materialanalytik in Kombination mit der Messung hoher Luftfeuchtigkeit im Dom bestätigen fortschreitende Korrosionsprozesse an den Eisenbestandteilen.

Ein besonderes Augenmerk gilt aber auch dem Standort des Grabmals. So fiel bei letztjährigen Voruntersuchungen im Bereich des Sarkophags eine korrodierte eiserne Platte unterhalb des Bodenbelags auf, die zu einer nicht dokumentierten Sicherungskonstruktion gehören könnte. Der Zustand dieser Platte, das Vorhandensein eventueller weiterer Platten sowie ihre Funktion sind unbekannt. Diese Aspekte könnten jedoch von entscheidender Bedeutung für die Standfestigkeit und Stabilität des Sarkophags sein. Um diese zu überprüfen und um Ausdehnung und Lage dieser Eisenplatte(n) zu erfassen, werden durch das LDA Sachsen-Anhalt Messungen mittels Bodenradar durchgeführt. Diese Methode erlaubt eine effiziente, zerstörungsfreie Untersuchung des Untergrundes mittels hochfrequenter elektromagnetischer Wellen. Sie ermöglicht die Auffindung und Abbildung im Boden verborgener Strukturen und wird in der Archäologie üblicherweise zur effektiven Untersuchung großer Flächen oder im Vorfeld von Bodeneingriffen angewandt.

Die Detailplanung der auf diese Schritte folgenden Maßnahmen erfolgt in Abhängigkeit von den Ergebnissen der skizzierten Untersuchungen und in enger Abstimmung aller beteiligten Institutionen. Die Öffentlichkeit soll in geeigneten Abständen über den Fortgang der Arbeiten informiert werden, die nach jetzigem Kenntnisstand voraussichtlich im Jahr 2025 abgeschlossen werden können.

Sämtliche Maßnahmen am Grabmal Ottos des Großen erfolgen in Kooperation der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und des LDA Sachsen-Anhalt sowie in Abstimmung mit der Evangelischen Domgemeinde. Die liturgische Nutzung des Gotteshauses wird nicht beeinträchtigt. Auch die Beeinträchtigungen für Besucherinnen und Besucher des Domes werden so gering wie möglich gehalten. So sind sowohl das Chorgestühl im Hohen Chor als auch die Skulptur des Mauritius aus dem 13. Jahrhundert weiterhin zu sehen. Eine Texttafel an der Einhausung des Grabmals informiert über den Grund des Einbaus und wird entsprechend aktualisiert, wenn es notwendig ist.

 

Hintergrund: Das Grabmal Ottos des Großen im Magdeburger Dom

Otto I., der Große (geboren am 23. November 912; gestorben am 7. Mai 973 in Memleben), aus dem Geschlecht der Liudolfinger ist als erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches eine zentrale Figur der europäischen Geschichte. Er war die treibende Kraft hinter der Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum im Jahr 968. Im Magdeburger Dom wurde er nach seinem Tod 973 in Anwesenheit der Erzbischöfe Adalbert von Magdeburg und Gero von Köln an der Seite seiner 946 verstorbenen Frau Editha beigesetzt. Seit dem Domneubau im 13. Jahrhundert befindet sich das Grabmal des Kaisers zentral im Binnenchor des Magdeburger Domes.

Bei dem Grabmal Ottos des Großen im Magdeburger Dom handelt es sich um einen Sarkophag aus einem an allen vier Seiten kassettierten, monolithischen Block aus Kalkstein. Die Abdeckung bildet eine wiederverwendete antike Marmorplatte. Das Grabmal wurde zuletzt im Jahr 1844 geöffnet. Damals wurde der Sarkophag repariert und konstruktiv ertüchtigt. Auf der Marmorplatte ist eine durchbrochene Gedenkinschrift aus Gussmetall von 1936 angebracht. Nach 1945 wurde zur Entlastung der an den Längsseiten weit auskragenden Deckplatte eine stützende Stahlkonstruktion hinzugefügt, die ihren Zweck jedoch nur in geringem Maße erfüllt. Zudem tragen gerade die Eingriffe von 1844 erheblich zu der oben skizzierten Gefährdung des Grabmals bei, deren Behebung die beschriebenen Maßnahmen dienen sollen.